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Postulat: Radikaler Islamismus in Nidau - Situationsbericht und Massnahmenkatalog

25.11.2020

 

Vorstossart: Postulat
Vorstoss-Nr.: P 220
Richtlinienmotion: ---
Behandlung im Stadtrat: 17.06.2021
Eingereicht am: 19.11.2020
Eingereicht von: Grob Oliver
Mitunterzeichnende: Gabathuler Leander, Baumann Markus, Grob Oliver, Sauter Viktor, Wingeyer Ursula
Beschluss Gemeinderat: 11.05.2021
Aktenzeichen: nid 0.1.6.2 / 4.11
Ressort: Soziales
Antrag Gemeinderat: Annahme und gleichzeitige Abschreibung

Antrag

Die SVP Nidau wünscht vom Gemeinderat die Erstellung eines Situationsberichts und eines Massnahmenkatalogs (Prävention und Überwachung) betreffend der Gefahr des radikalen Islamismus in Nidau.

 

Begründung

Der jüngste Anschlag in Wien hat gezeigt, dass es nach wie vor radikal-islamistische Zellen in Europa gibt, die auch Verbindungen in die Schweiz haben. Nidau wurde in der letzten Zeit medial erschreckend häufig in Verbindung mit Islamisten, Jihad Rückkehrern, Hassprediger etc. genannt. Offenbar besteht auch in Nidau ein gewisser Nährboden für radikal-islamistische Elemente.

 
Konkrete Fragen und mögliche Massnahmenfelder (nicht abschliessende Aufzählung):

  • Wie beurteilt der Gemeinderat die Situation in Nidau grundsätzlich?
  • Sind Fälle von radikalen Islamisten aus Nidau bekannt, welche sich im Ausland befinden oder zurückgekehrt sind? Wie gehen die Behörden in solchen Fällen vor?
  • Sind Einrichtungen bekannt, die Tendenzen zum radikalen Islam zeigen und falls ja, stehen diese entsprechend unter Beobachtung?
  • Welche Massnahmen hat der Gemeinderat aus einer präventiven Perspektive ergriffen, um Radikalisierungen zu verhindern?
  • Wie sieht die Situation bei den Sozialen Diensten aus, gibt es Klienten welche auffälliges Verhalten an den Tag legen?
  • Wenn ein Verdacht besteht, werden weitere Stellen kontaktiert bzw. wie ist das Vorgehen geregelt?
  • Welche Massnahmen zur sicherheitstechnisch Überprüfung von (angeblichen) Flüchtlingen bestehen in Nidau (vergl. Anschlag in Nizza vom 29. Oktober 2020 eines aus Lampedusa eingereisten “Flüchtlings”)?
  • Welche Massnahmen zum Schutz der Angestellten und Einwohner der Stadt Nidau wurden getroffen?
  • Wie hat sich die Situation in den letzten Jahren verändert, ist eine Tendenz erkennbar?


Antwort des Gemeinderates

Im Nachgang zur medialen Berichterstattung über Abu Ramadan beauftragte der Gemeinderat die Integrationsfachstelle der Stadt Nidau einen Bericht zur Situation bezüglich Extremismus und Radikalisierung in Nidau zu erstellen. Er nahm am 18.06.2019 Kenntnis vom Bericht «Bericht zu Extremismus und Radikalisierung» in Nidau, der von der Abteilung Bildung, Kultur und Sport in Zusammenarbeit mit der Abteilung Soziale Dienste erstellt wurde.

Der damalige Bericht hält als Fazit fest: «In der Region besteht ein Risiko, dass sich auch in Zukunft Personen radikalisieren oder dass die Stadt Nidau mit Rückkehrenden konfrontiert ist. Nidau ist klein und die Chance besteht gerade darin, Strategien zu entwickeln, die auf einem persönlichen Austausch basieren. In der Stadt Nidau existieren bereits viele Akteure und Aktivitäten zur allgemeinen Prävention und es bestehen geeignete Vernetzungsgefässe. Wichtig sind zudem eine gute Beziehung sowie Vertrauen zwischen den Behörden und der Bevölkerung. Die Verhinderung einer zunehmenden Verelendung und sozialen Abspaltung eines Stadtteils ist eine der wichtigsten Präventionsmassnahmen gegen Radikalisierung. Dies stellt für die Stadtentwicklung von Nidau eine grosse Herausforderung dar. Gemäss dem «Nationalen Aktionsplan zur Verhinderung und Bekämpfung von Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus» sollen Massnahmen gegen Radikalisierung den lokalen Strukturen und Ressourcen angepasst werden. Im Kanton Bern und in der Stadt Biel werden bereits einige Massnahmen umgesetzt oder sind in Planung. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, die regionalen Bestrebungen mit lokalen Massnahmen zu ergänzen und so wichtige Lücken zu schliessen. Diese liegen vor allem:

  • in der Sensibilisierung von Fach- und Schlüsselpersonen,
  • der Stärkung vom Austausch zwischen Behörden und Zivilgesellschaft,
  • der Information über verschiedene Religionen, der Stärkung vom interreligiösen Dialog
  • sowie der Stärkung vom Zusammenleben und der Verhinderung von Diskriminierung.»

Der Gemeinderat stimmte am 18.06.2019 dem Antrag der Abteilung Bildung, Kultur und Sport der Stadt Nidau zu, dass die Fachstelle Integration der Stadt Nidau ein Gesuch beim Nationalen Impulsprogramm zur Mitfinanzierung des Projektes «Prävention von Radikalisierung und Extremismus in Nidau» einreicht. Mit Verfügung vom 11.02.2020 bewilligt das Bundesamt für Polizei fedpol im Rahmen des Impulsprogramms einen finanziellen Beitrag von CHF 25'780 an die Umsetzung folgender Massnahmen.

Massnahme 1.1: Durchführung von zwei Weiterbildungen zum Thema Radikalisierung und Gewaltprävention für Schlüsselpersonen (Lehrkräfte, Sozialarbeitende in den Sozialen Diensten, Jugendarbeit, Schulsozialarbeit, Tagesschulverantwortliche)

Massnahme 1.2: Leitfaden zum Vorgehen bei Verdacht auf Radikalisierung

Massnahme 2.4: Vertretung von Tasamouh an Vernetzungssitzungen

Massnahme 3.4: lnterreligiöse Begegnungsanlässe

Massnahme 4.3: Durchführung von einem öffentlichen Forum.

Aufgrund der Corona-Pandemie musste die Umsetzung der Massnahmen auf 2021-2022 verschoben werden.

 

Zu den Postulatsfragen im Einzelnen:

Wie beurteilt der Gemeinderat die Situation in Nidau grundsätzlich?

Der Gemeinderat verweist auf den aktualisierten Bericht des Bundes «Lagebericht 2019»[1]

«Dschihadistische Gruppierungen und die von ihnen gelenkten oder inspirierten Personen und Kleingruppen stellen nach wie vor eine ernsthafte terroristische Bedrohung für Europa dar. Weil die Schweiz zur westlichen, von Dschihadisten als islamfeindlich eingestuften Welt gehört, bleibt die Bedrohung in unserem Land erhöht. Eine Herausforderung für die Schweiz, genauso wie für seine europäischen Nachbarn, ist der Umgang mit Fällen von Haftentlassenen oder Personen, die sich im Gefängnis radikalisiert haben. Die Schweiz wird auch mit rückkehrwilligen dschihadistisch motivierten Reisenden konfrontiert werden, darunter auch Personen, die derzeit in Syrien oder im Irak festsitzen.»

 

Sind Fälle von radikalen Islamisten aus Nidau bekannt, welche sich im Ausland befinden oder zurückgekehrt sind? Wie gehen die Behörden in solchen Fällen vor?

Aus den Medien, insbesondere aus der Berichterstattung von Kurt Pelda im Tages Anzeiger ist bekannt, dass 2014 zwei Jihadreisende aus Biel und Nidau nach Syrien gereist sind. Sie sind bis jetzt nicht zurückgekehrt. Es ist Aufgabe des Nachrichtendienstes des Bundes, extremistische Aktivitäten zu überwachen. Die Integrationsdelegierte der Stadt Nidau hat Einsitz in der Fachgruppe Extremismus- und Gewaltprävention der Stadt Biel, deren primäres Ziel der Informationsaustausch zwischen AkteurInnen der städtischen und kantonalen Stellen ist.


Sind Einrichtungen bekannt, die Tendenzen zum radikalen Islam zeigen und falls ja, stehen diese entsprechend unter Beobachtung?

Die Überwachung und Information bezüglich radikaler Aktivitäten fällt in die Zuständigkeit der Bundespolizei. Die Kantons- und Bundespolizei stehen bezüglich der Überwachung von radikalisierten / radikalisierenden Einrichtungen im Austausch.

 
Welche Massnahmen hat der Gemeinderat aus einer präventiven Perspektive ergriffen, um Radikalisierungen zu verhindern?

Die Corona-Pandemie schränkte die Austauschmöglichkeiten unter AkteurInnen als wichtigste Massnahme im vergangenen Jahr stark ein. Grundsätzlich ist die Integrationsdelegierte für die Umsetzung oben genannter Massnahmen zuständig. Der Leitfaden zum Vorgehen bei Verdacht auf Radikalisierung soll im Juni 2021 den relevanten AkteurInnen vorgestellt werden (Umsetzung wegen Corona verschoben von Oktober 2020 auf Juni 2021).

 

Wie sieht die Situation bei den Sozialen Diensten aus, gibt es Klienten, welche auffälliges Verhalten an den Tag legen? - Wenn ein Verdacht besteht, werden weitere Stellen kontaktiert bzw. wie ist das Vorgehen geregelt?

Alle Sozialarbeitenden sind angewiesen, auffälliges Verhalten, das auf Radikalisierung oder mögliche Gewaltanwendung hinweist, der Bereichsleitung und Abteilungsleitung zu melden. In einem nächsten Schritt wird die Fachstelle Gewalt und Bedrohung der Kantonspolizei konsultiert.

 

Welche Massnahmen zur sicherheitstechnischen Überprüfung von (angeblichen) Flüchtlingen bestehen in Nidau (vergl. Anschlag in Nizza vom 29. Oktober 2020 eines aus Lampedusa eingereisten “Flüchtlings”)?

Die sicherheitstechnische Überprüfung von Personen ist Aufgabe der Kantonspolizei.
 

Welche Massnahmen zum Schutz der Angestellten und Einwohner der Stadt Nidau wurden getroffen? - Wie hat sich die Situation in den letzten Jahren verändert, ist eine Tendenz erkennbar?

Die Stadtverwaltung hat alle Stockwerke mit Alarmknöpfen ausgerüstet, welche bei Betätigung direkten Kontakt zum Polizeinotruf aufbauen. Die Sozialen Dienste verfügen über ein Sicherheitskonzept bezüglich der Bedrohung durch KlientInnen. Bedrohungen gehen vermehrt von Personen mit psychischen Vorbelastungen aus. Neue Belastungssituationen können bei diesen Personen zu schwierig einschätzbaren Destabilisierungen mit selbst- oder fremdgefährdendem Verhalten führen. Sicherheitsrelevante Beobachtungen und Auffälligkeiten werden in den Sozialen Diensten in allen Bereichen monatlich thematisiert, Vorfälle unmittelbar den Bereichsleitungen gemeldet. Die Schaltermitarbeitenden werden regelmässig geschult. Je nach Vorfall wird der Sicherheitsverantwortliche der Stadtverwaltung und die Fachstelle Gewalt und Bedrohung der Kantonspolizei in die Abklärung und Vorgehensbestimmung einbezogen. Bei akuten Bedrohungen werden Hausverbote gesprochen, allenfalls auch der Einlass in die Stadtverwaltung per Securitas überwacht. Über manifeste Vorfälle wird die ganze Stadtverwaltung informiert. Ein umfassendes Sicherheitskonzept für die Stadtverwaltung ist im Ressort Sicherheit in Bearbeitung.

 

Stadtratsbeschluss

Einstimmige Annahme und gleichzeitige Abschreibung



[1] «Sicherheit Schweiz 2019. Lagebericht des Nachrichtendienstes des Bundes».

Vorstoss im Original

Vorstoss im Original
Typ Titel Bearbeitet
Datei PDF document P 220 Radikaler Islamismus in Nidau - Situationsbericht und Massnahmenkatalog 03.12.2020

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