Motion: Durchsetzung von Gemeinderatsbeschlüssen und Einhaltung des Kollegialitätsprinzips
Vorstossart: | Motion |
Vorstoss-Nr.: | M 190 |
Richtlinienmotion: | ja |
Behandlung im Stadtrat: | 21.11.2019 |
Eingereicht am: | 20.06.2019 |
Eingereicht von: | Baumann Markus (SVP) |
Mitunterzeichnende: |
Blösch Paul, Evard Amélie, Gabathuler Leander, Grob Oliver, Jenni Hanna, Lehmann Ralph, Leiser Matthias, Marolf Thomas, Pauli Pauline, Romdhani Soumaya, Sauter Viktor, Schneiter Marti Susanne, Spycher Thomas, Wingeyer Ursula |
Beschluss Gemeinderat: | 22.10.2019 |
Aktenzeichen: | nid 0.1.6.2 / 1.7 |
Ressort: | Präsidiales |
Antrag Gemeinderat: | Annahme als Richtlinienmotion |
Antrag
Der Gemeinderat soll darlegen, wie er gedenkt, künftig Gemeinderatsbeschlüsse durchzusetzen und das Kollegialitätsprinzip zu wahren. Zu diesem Zweck wird der Gemeinderat gebeten Richtlinien zu erstellen, an die sich alle Mitglieder dieses Gremiums halten müssen.
Begründung
Der Gemeinderat hat mit einer Medienmitteilung vom 29. Mai 2019 mitgeteilt, dass die Anfrage von Schweizer Fahrenden für den ExpoPark abgelehnt wurde. Trotz dieser Absage haben sich die Fahrenden illegal Zutritt zum Gelände verschafft und verweilten dort mehrere Wochen. Das Verhalten der Fahrenden, das eine Anzeige der Stadt Biel zur Folge hatte, ist eine Sache, das Verhalten des Nidauer Gemeinderates ist eine andere.
Die zuständige Sicherheitsvorsteherin, Sandra Friedli (SP), hat - wie in den lokalen Medien zu lesen war - den Gemeinderatsentscheid nicht nur nicht mitgetragen (Kommunikation) sondern hat in Eigenregie (!) den Entscheid sogar quasi umgestossen, indem sie klargestellt hat, dass sie die illegale Landbesetzung nicht störe und dass sie „aus Gewissensgründen" den Entscheid des Gesamtgemeinderates nicht mittragen könne.
Dies wirft leider erneut kein gutes Licht auf den Nidauer Gemeinderat. Das Funktionieren einer Kollegialbehörde hängt stark davon ab, ob alle Mitglieder gemeinsame Beschlüsse öffentlich mittragen und umsetzen, auch wenn sie nicht den persönlichen Ansichten entsprechen. Wenn „Gewissensgründe" als Ausrede vorgeschoben werden können, um Gemeinderatsbeschlüsse zu umgehen, kann künftig jedes Mitglied bei jedem Geschäft vom Beschluss abweichen, wenn dies politisch opportun erscheint. Der Gemeinderat würde dann als Gremium nicht mehr funktionieren; seine Sitzungen und Beschlüsse wären überflüssig und der Gemeinderat wäre somit völlig unglaubwürdig. Zudem werden politische Mehrheitsverhältnisse - die Repräsentation der Bevölkerung, die bei den Wahlen zum Ausdruck gebracht wird - über den Haufen geworfen. Das ist inakzeptabel. Der Gemeinderat wird darum gebeten, interne Richtlinien zur Einhaltung des Kollegialitätsprinzips und zur Durchsetzung der Beschlüsse zu erstellen, an die sich alle Mitglieder halten müssen.
Antwort des Gemeinderates
a) Formelles
Bei der vorliegenden Motion handelt es sich um eine Motion im abschliessenden Zuständigkeitsbereich des Gemeinderates (Richtlinienmotion). Der Gemeinderat hat bei Richtlinienmotionen einen relativ grossen Spielraum hinsichtlich des Grades der Zielerreichung, der einzusetzenden Mittel und der weiteren Modalitäten bei der Erfüllung des Auftrages. Die Entscheidverantwortung bleibt beim Gemeinderat.
b) Inhaltliche Beantwortung
Seit vielen Jahren ist es Tradition und gelebte Praxis, dass der Gemeinderat jeweils zu Beginn einer neuen Legislatur die Prinzipien der Kollegialität festlegt. Bereits 2002 haben die Gemeinderatsvorgänger Grundsätze für eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit definiert. Dabei handelt es sich nicht um ein rechtsverbindliches Dokument, sondern um Festlegungen, die als Leitplanke für die Zusammenarbeit innerhalb des Gremiums dienen. Das Gemeindegesetz enthält keine verbindlichen Regeln zum Kollegialitätsprinzip. Die einzelnen Gemeinderäte müssen sich ihre «Spielregeln» selber geben. In dieser Tradition hat auch der amtierende Gemeinderat zu Beginn dieser Legislatur im Rahmen einer Klausur Anfang 2018 seine «Spielregeln» definiert. Namentlich wurden folgende Prinzipien der Kollegialität festgelegt:
- Entscheide des Gemeinderats werden nach einer offenen und fairen Diskussion gefällt. Jedes Mitglied respektiert das Recht der anderen Mitglieder, seine Argumente dem Rat ungehindert vortragen zu können.
- Jedes Gemeinderatsmitglied hat Entscheide des Gemeinderats in der Öffentlichkeit und im Stadtrat so zu vertreten, wie sie der Gemeinderat gefällt hat, auch wenn es im konkreten Fall eine abweichende Meinung eingenommen hat.
- In absoluten Ausnahmefällen («Gewissenskonflikt», «Notstandssituation») darf in der Öffentlichkeit eine abweichende Meinung vertreten werden; der Gemeinderat muss aber im Voraus darüber orientiert sein.
Der Gemeinderat ist der Ansicht, dass mit den zu Beginn der Legislatur getroffenen Grundsätzen das Anliegen des Vorstosses erfüllt ist. Im vorliegenden Fall wurde der dritte der oben aufgeführten Punkte geltend gemacht und der Gemeinderat im Voraus an der Gemeinderatssitzung entsprechend informiert. Bewusst sind solche Fälle in den Grundsätzen explizit als absolute Ausnahme festgehalten. Zudem wird der Gemeinderat in künftigen Fällen prüfen, ob in der Information über den Beschluss die Argumente für und gegen den Entscheid differenziert ausgeführt werden.
Vorstoss im Original
Typ | Titel | Bearbeitet |
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M 190 Durchsetzung GR Beschlüsse und Einhaltung Kollegialitätsprinzip | 24.06.2019 |