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Interpellation: Zwangsräumung in Nidau

02.02.2024

 

Vorstossart: Interpellation
Vorstoss-Nr.: I 146
Richtlinienmotion: ---
Behandlung im Stadtrat: 13.06.2024
Eingereicht am: 02.02.2024
Eingereicht von: Stampfli Monika (GLP)
Mitunterzeichnende:

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Beschluss Gemeinderat: 28.05.2024
Aktenzeichen: nid 0.1.6.2 / 8.2
Ressort: Hochbau
Antrag Gemeinderat:

Geht an den Stadtrat.

 

Antrag

Der Gemeinderat wird gebeten, die folgenden Fragen zu beantworten:

  1. Wusste der Gemeinderat resp. ein erweiterter Kreis von Personen aus der Stadtverwaltung von der Wohnsituation von Hans G.?
  2. Bestand ein regelmässiger Austausch mit Hans G.? Falls ja: Institutionalisiert und in welcher Regelmässigkeit?
  3. Bestand ein regelmässiger Austausch mit der Stadt Biel diesbezüglich? Wenn ja, institutionalisiert und in welcher Regelmässigkeit?
  4. Wieviele weitere Menschen leben in Liegenschaften von Nidau, welche nicht angemeldet sind und/oder keine Miete bezahlen?
  5. Werden weitere Menschen von der Stadt Nidau, auch in weiteren Belangen, bevorzugt behandelt?
  6. Wieso kam der Rechtsstaat im Fall von Hans G. nicht zu tragen (Anmeldepflicht / Zahlen einer Miete etc.)?
  7. Von wann bis wann dauerte das Verfahren, um in der Angelegenheit von Hans G. den Räumungsbefehl zu erhalten (Start Anfrage bis zum Erhalt des Räumungsbefehls)?
  8. Was sind die nötigen Argumente, um einen Räumungsbefehl zu erwirken?
  9. Wie teuer ist das Beantragen eines Räumungsbefehls beim Regierungsstatthalteramt?
  10. Wie lange ist ein Räumungsbefehl durchsetzbar und wann wäre der aktuelle Räumungsbefehl abgelaufen?
  11. Welche weiteren Argumente als die des ablaufenden Räumungsbefehls sprachen dafür, dass die Räumung im Dezember und nicht im folgenden Frühjahr durchgeführt wurde?

 

Begründung

Gemäss Zeitungsberichten wurde anfangs Dezember 2023 in Nidau die Zwangsräumung der Wohnsituation von Hans G. eingeleitet. Hans G. scheint seit mehreren Jahren unangemeldet und gratis in einer Immobilie der Stadt Nidau gewohnt zu haben. Diverse Fragen stehen zur Zwangsräumung und der angebotenen Wohnsituation an Hans G. im Raum. In einem Rechtsstaat sollte es auch Platz für Menschen haben, die nicht der «Norm» entsprechen. Die bestehenden Spielregeln sollten aber für alle, für Staat wie auch die betroffenen Menschen möglichst gleich oder zumindest nachvollziehbar sein. Willkür darf in keiner Art und Weise Platz in unserer Stadt haben. Die Frage, ob eine Ausweisung im Winter in diesem speziellen Fall auf Willkür beruhte oder ohne Augenmass durchgeführt wurde, sollen die oben gestellten Fragen erhellen. 

 

Antwort des Gemeinderates

 1. Inhaltliche Beantwortung

1. Wusste der Gemeinderat resp. ein erweiterter Kreis von Personen aus der Stadtverwaltung von der Wohnsituation von Hans G.?

Die Wohnsituation des Betroffenen war allgemein bekannt.

 

2. Bestand ein regelmässiger Austausch mit Hans G.? Falls ja: Institutionalisiert und in welcher Regelmässigkeit?

Ein direkter Austausch war nicht möglich, weil der Betroffene jegliche Kommunikation mit den Behörden verweigert hat.

 

3. Bestand ein regelmässiger Austausch mit der Stadt Biel diesbezüglich? Wenn ja, institutionalisiert und in welcher Regelmässigkeit?

Als sich abzeichnete, dass alle Mietverhältnisse in der genannten Liegenschaft aufgelöst werden müssen, fand zwischen dem Bereich Hochbau und der für den Betroffenen zuständigen Stelle der Stadt Biel ein regelmäßiger Austausch statt. Sämtliche Verfahrensschritte wurden vorgängig besprochen und im gegenseitigen Einvernehmen durchgeführt. Insbesondere die Kündigung und die anschliessende Ausweisung wurden mit der zuständigen Stelle koordiniert und von ihr gutgeheissen.  Gleichzeitig bemühten sich der Bereich Hochbau bzw. der Ressortvorsteher Hochbau und die zuständige Stelle der Stadt Biel ein Jahr lang darum, eine Anschlusslösung für den Betroffenen zu finden. Der Betroffene hat jedoch sämtliche Angebote abgelehnt und jede Art von Gesprächen verweigert. Dennoch fanden zahlreiche Telefonate und Besprechungen mit der zuständigen Stelle der Stadt Biel statt, um eine angemessene Lösung zu finden.

 

4. Wie viele weitere Menschen leben in Liegenschaften von Nidau, welche nicht angemeldet sind und/oder keine Miete bezahlen?

Alle Mieter der Liegenschaften, welche sich im Eigentum der Stadt Nidau befinden, verfügen über einen Mietvertrag, sind in Nidau angemeldet und zur Zahlung eines Mietzinses verpflichtet.

 

5. Werden weitere Menschen von der Stadt Nidau, auch in weiteren Belangen, bevorzugt behandelt?

Die Stadt Nidau behandelt grundsätzlich alle Sachverhalte gleich. Es können jedoch Ausnahmen vorgesehen werden, wenn es der Einzelfall erfordert oder gesetzliche Vorschriften dies verlangen. Die Stadt Nidau vermietet zur Zeit keine Liegenschaft mit bevorzugter Mietsituation.

 

6. Wieso kam der Rechtsstaat im Fall von Hans G. nicht zu tragen (Anmeldepflicht / Zahlen einer Miete etc.)?

Es ist im Nachhinein nicht nachvollziehbar, weshalb der Betroffene die Liegenschaft bewohnen durfte, zumal die Liegenschaft für Wohnzwecke nicht vorgesehen ist. Diese Frage kann nicht geklärt werden, da die damals zuständigen Verwaltungsangestellten nicht mehr für die Stadt Nidau tätig sind bzw. der damals zuständige Gemeinderat nicht mehr im Amt ist.

 

7. Von wann bis wann dauerte das Verfahren, um in der Angelegenheit von Hans G. den Räumungsbefehl zu erhalten (Start Anfrage bis zum Erhalt des Räumungsbefehls)?

Das Mietverhältnis wurde im Dezember 2022 per Ende März 2023 gekündigt und vorgängig mit der zuständigen Stelle der Stadt Biel koordiniert. Nach Ablauf der Kündigungsfrist wurde nach Rücksprache mit der zuständigen Stelle der Stadt Biel im April 2023 beim Regionalgericht das Ausweisungsbegehren eingereicht. Das Regionalgericht hat den Betroffenen mit Entschied vom 08. Juni 2023 angewiesen, die Liegenschaft zu verlassen. Weil der Betroffene die Liegenschaft nicht verlassen hat, wurde die Vollstreckung des Exmissionsentscheids beantragt. Das Regierungsstatthalteramt wurde schliesslich am 29. Juni 2023 vom Regionalgericht beauftragt, den Betroffenen auszuweisen. Unmittelbar danach haben sich Beat Cattaruzza und Joel Schweizer als Privatpersonen dafür eingesetzt, in Zusammenarbeit mit der zuständigen Stelle der Stadt Biel eine Nachfolgelösung zu organisieren und die Räumung bis dahin zu sistieren. Nach mehr als 4 Monaten musste festgestellt werden, dass grundsätzlich Anschlussmöglichkeiten bestehen, der Betroffene aber weiterhin unkooperativ ist. Im November 2023 wurde beim Regierungsstatthalteramt schliesslich beantragt, die Räumung zu vollziehen. Das Regierungsstatthalteramt hat die Räumung am 06. Dezember 2023 vollzogen.

 

8. Was sind die nötigen Argumente, um einen Räumungsbefehl zu erwirken?

Das zuständige Gericht verfügt auf Gesuch hin eine Räumung, sofern sie feststellt, dass sich eine Person widerrechtlich in einer Liegenschaft aufhält. Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass sich der Betroffene der Kündigung widersetzt hat, indem er die Liegenschaft nicht verlassen hat.

 

9. Wie teuer ist das Beantragen eines Räumungsbefehls beim Regierungsstatthalteramt?

Die Stadt Nidau musste für den Vollzug der Ausweisung einen Kostenvorschuss von 4'000.- Franken leisten.

 

10. Wie lange ist ein Räumungsbefehl durchsetzbar und wann wäre der aktuelle Räumungsbefehl abgelaufen?

Ein gerichtlicher Ausweisungsentscheid läuft grundsätzlich nicht ab, muss aber innert nützlicher Frist vollstreckt werden. Wartet die Mieterschaft nach dem Ausweisungsentscheid des Gerichts zu lange mit der Vollstreckung ab, könnte die auszuweisende Partei geltend machen, es sei faktisch ein neuer Mietvertrag entstanden. Eine Vollstreckung wäre dann nicht mehr möglich. Im vorliegenden Fall datiert der Ausweisungsentscheid des Regionalgerichts vom 29. Juni 2023. Wegen der Intervention von Beat Cattaruzza und Joel Schweizer wurde der Auftrag an das Regierungsstatthalteramt zum Vollzug der Ausweisung vorerst ausgesetzt. Das Regierungsstatthalteramt wurde schliesslich im November 2023 mit der Ausweisung beauftragt.

 

11. Welche weiteren Argumente als die des ablaufenden Räumungsbefehls sprachen dafür, dass die Räumung im Dezember und nicht im folgenden Frühjahr durchgeführt wurde?

Seit 2021 ist die Ölheizung regelmässig ausgefallen, weshalb mehrfach Reparaturkosten angefallen sind. Anfang 2022 hat sich endgültig abgezeichnet, dass das Heizsystem keinen weiteren Winter mehr überleben wird. Ausserdem weist der Heizkessel diverse Risse auf und kann deshalb nicht mehr betrieben werden. Weil der Betroffene im Gegensatz zu den übrigen Mietern die Liegenschaft zu Wohnzwecken genutzt hat, bestand die berechtigte Gefahr, dass der Betroffene im Winter bei einem endgültigen Ausfall der Heizung gesundheitliche Schäden erleiden würde. Ursprünglich war vorgesehen, das Mietverhältnis per Ende März 2023 aufzulösen. Nach den erfolglosen Versuchen, den Betroffenen dazu zu bewegen, in eine der Anschlussmöglichkeiten einzuwilligen, war eine endgültige Durchsetzung der Ausweisung unumgänglich. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass durchaus Anschlussmöglichkeiten bestehen sowie der berechtigten Gefahr, dass die Ölheizung diesen Winter endgültig ausfallen könnte, wurde das Regierungsstatthalteramt im November 2023 mit dem Vollzug der Ausweisung beauftragt.

 

Geht an den Stadtrat.

 

Vorstoss im Original

Vorstoss im Original
Typ Titel Bearbeitet
Datei PDF document I 146 Zwangsräumung in Nidau 02.02.2024

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