Interpellation: Auswirkungen der Flüchtlingskrise 2015 auf die Sozialhilfe in Nidau
Vorstossart: |
Interpellation |
Vorstoss-Nr.: | I 128 |
Richtlinienmotion: | --- |
Behandlung im Stadtrat: | 17. und 18.06.2020 |
Eingereicht am: | 19.09.2019 |
Eingereicht von: | Grob Oliver (SVP) |
Mitunterzeichnende: |
Baumann Markus, Gabathuler Leander, Lehmann Ralph, Leiser Matthias, Rutishauser Roland, Wingeyer Ursula |
Beschluss Gemeinderat: | 18.02.2020 |
Aktenzeichen: | nid 0.1.6.2 / 1.12 |
Ressort: | Soziales |
Antrag Gemeinderat: | Geht an den Stadtrat. |
Antrag
Wie derzeit aus den Medien zu entnehmen ist, werden in den nächsten Jahren viele Flüchtlinge von der Asylsozialhilfe (Stufe Bund), voraussichtlich in der regulären Sozialhilfe der Gemeinden landen. Die SVP Nidau möchte vom Gemeinderat wissen, mit was für Auswirkungen für Nidau gerechnet werden muss?
Begründung
Um die Auswirkungen für die Gemeinde Nidau abschätzen zu können hätte ich gerne die folgenden Fragen beantwortet:
- Wie viele zusätzliche Sozialhilfefälle werden erwartet?
- Wie wird sich dies voraussichtlich auf die Sozialhilfequote von Nidau auswirken?
- Welchen finanziellen und personellen Einfluss wird dies voraussichtlich auf die Gemeinde haben?
- Wie wird die Subsidiarität der Sozialhilfebezüger überprüft? (vorhandene Eigenmittel)
- Wie wird diese angewandt bei Personen, die ohne gültige Ausweisdokumente eingereist sind?
- Wie wird der Familiennachzug bei solchen Personen gehandhabt?
Antwort des Gemeinderates
1. Wie viele zusätzliche Sozialhilfefälle werden erwartet?
Die kantonale Direktion Gesundheit Soziales Integration (GSI, ehemals GEF) informierte die Sozialen Dienste 2019 erstmals über die zu erwartenden Übertragungen von Sozialhilfe abhängigen Personen aus dem Asylbereich an die Gemeinden. Personen des Asylbereichs fallen in den ersten 5 Jahren (Flüchtlinge) beziehungsweise in den ersten 7 Jahren (vorläufig aufgenommene Personen) in die Zuständigkeit des Kantons. Sind sie nach dieser Zeit immer noch auf finanzielle Unterstützung angewiesen wechseln sie in die Zuständigkeit der Wohnsitzgemeinde.
Die Sozialen Dienste Nidau haben gemäss Schreiben der GSI in den Jahren 2019-2021 mit insgesamt 73 Übertragungen zu rechnen; im jährlichen Durchschnitt sind dies 24 Fälle.
2. Wie wird sich dies voraussichtlich auf die Sozialhilfequote von Nidau auswirken?
Aktuell werden pro Dossier 1.8 Personen unterstützt. Bei 24 Fällen ist mit 43 Personen zu rechnen. Dies entspricht in Nidau einer Sozialhilfequote von ca 0.6%. Da ähnliche Übertragungen bereits in den vergangenen Jahren erfolgten, ohne dass uns dies vorgängig kommuniziert wurde, kann nicht im gleichen Ausmass auf eine Zunahme der Sozialhilfequote geschlossen werden. Es gibt noch andere Faktoren, wie die wirtschaftliche Entwicklung der Region, welche eine Erhöhung oder Verminderung der Sozialhilfequote beeinflussen.
3. Welchen finanziellen und personellen Einfluss wird dies voraussichtlich auf die Gemeinde haben?
Die reinen Sozialhilfekosten fliessen in den Lastenausgleich. 2018 und 2019 ist in Nidau ein deutlicher Rückgang der Sozialhilfekosten insgesamt (finanzielle Unterstützung für bedürftige Personen) wie auch der Anzahl der unterstützten Personen festzustellen. Wir führen dies auf eine bessere wirtschaftliche Lage zurück und auf die nun mehrere Jahre systematisch umgesetzten Qualitätssicherungsprozesse (konsequente Fallsteuerung, systematische Anspruchsüberprüfung) sowie auf qualitative Verbesserungen bezüglich der Arbeitsintegrationsangebote.
4. Wie wird die Subsidiarität der Sozialhilfebezüger überprüft? (vorhandene Eigenmittel).
Jedes Gesuch um finanzielle Unterstützung wird umfassend geprüft bezüglich a) Einkommen (Lohn, Renten, Unterhaltsbeiträge), b) Vermögen (finanzielle und materielle Werte und Besitz mittels Kontoauszügen, definitiven Steuerveranlagungen, individuellem Kontoauszug der Ausgleichskasse, Informationen der Motorfahrzeugkontrolle). Zudem werden mögliche Ansprüche auf finanzielle Unterstützung durch dritte geprüft (Subsidiarität im engeren Sinne), wie Ansprüche auf IV-Renten, Arbeitslosenkasse, Unterhaltsbeiträge, Elternbeiträge, Stipendien usw.. Die unterstützten Personen unterzeichnen diese Angaben zur Ausgangssituation. Halbjährlich finden ab Unterstützungsentscheid weiterhin systematische Überprüfungen im obigen Sinne statt.
5. Wie wird diese angewandt bei Personen, die ohne gültige Ausweisdokumente eingereist sind?
Anspruch auf finanzielle Unterstützung durch den Gemeinde-Sozialdienst haben Personen aus dem Asylbereich mit einem Ausweis F oder B, wenn sie seit 7 bzw. 5 Jahre in der Schweiz leben. Dies sind Personen, deren Asylgesuch mit Vorläufiger Aufnahme und oder mit Flüchtlingsstatus beantwortet wurde. Für den Asylentscheid ist der Bund zuständig.
6. Wie wird der Familiennachzug bei solchen Personen gehandhabt?
Personen mit B- oder F-Ausweis haben keinen Rechtsanspruch auf Familiennachzug. Es handelt sich dabei immer um einen Ermessensentscheid der kantonalen Behörden, abhängig von der Erfüllung der Nachzugsvoraussetzungen. Einen Spezialfall stellen anerkannte Flüchtlinge mit Asyl dar: Wurde die Familie durch die Flucht getrennt, kann sie sich auf das Familienasyl nach Art. 51 AsylG berufen. Für den Familiennachzug durch Personen aus Drittstaaten mit C-, B- oder F-Ausweis gilt zusätzlich:
- Keine Sozialhilfeabhängigkeit: Gesicherte finanzielle Situation, sowohl vor wie auch nach dem erfolgten Familiennachzug
- Kein Bezug von Ergänzungsleistungen, sowohl vor wie auch nach dem erfolgten Familiennachzug
- Sprachkenntnisse: Ehegatten von Personen mit Niederlassungsbewilligung (Ausweis C), Aufenthaltsbewilligung (Ausweis B) oder von vorläufig Aufgenommenen (Ausweis F) müssen vor ihrer Einreise eine Anmeldung zu einem Sprachförderungsangebot einreichen, welches dazu führt, dass sie in der am künftigen Wohnort gesprochenen Landessprache das Niveau A1 gemäss des in Europa allgemein anerkannte Referenzrahmens für Sprachen erreichen. Ein Jahr nach der Einreise müssen sie nachweisen, dass sie sich in der am Wohnort gesprochenen Landessprache auf dem Niveau A1 verständigen können. Ausnahmen sind möglich, wenn gesundheitliche oder andere Einschränkungen vorliegen, die die Fähigkeit zum Spracherwerb behindern.
Stadtratsbeschluss
Der Interpellant erklärt sich gestützt auf Artikel 36 der Geschäftsordnung des Stadtrates mit der Auskunft nicht befriedigt.
Vorstoss im Original
Typ | Titel | Bearbeitet |
---|---|---|
I 128 Auswirkungen der Flüchtlingskrise 2015 auf die Sozialhilfe in Nidau | 04.10.2019 |