Postulat: Ernährung der Zukunft
Vorstossart: | Postulat |
Vorstoss-Nr.: | P 234 |
Richtlinienmotion: | --- |
Behandlung im Stadtrat: | 21.09.2023 |
Eingereicht am: | 16.03.2023 |
Eingereicht von: | Schwab Martin (SP) |
Mitunterzeichnende: |
Cura Sacha, Induni Paolo, Weibel Daniel, Kobel Rahel, Meier Christoph |
Beschluss Gemeinderat: | 29.08.2023 |
Aktenzeichen: |
nid 0.1.6.2 / 7.4 |
Ressort: | Tiefbau und Umwelt |
Antrag Gemeinderat: | Annahme und gleichzeitige Abschreibung |
Antrag
Kein anderer Konsumbereich in der Schweiz beeinträchtigt die Umwelt so stark wie unsere Ernährung. Die Ernährung ist für 25 Prozent der durch unseren Konsum und die Produktion im In- und Ausland verursachten Umweltbelastung verantwortlich, wie der vom Bundesrat alle vier Jahre veröffentlichte Bericht Umwelt Schweiz 2022 zeigt.
Auch unter ökonomischen und ökologischen Aspekten lassen sich überzeugende Argumente finden. Massentierhaltung schadet nachweislich dem globalen Klima, denn die Viehwirtschaft produziert sogar mehr schädliches Kohlenstoffdioxid, als der weltweite Autoverkehr. Dazu kommt ein enormer Wasser- und Futterverbrauch: Für ein Kilogramm Fleisch ist mehr als das 10-fache an Getreidefutter nötig, mit dem auch der Welthunger bekämpft werden könnte. Dasselbe gilt für Wasser: Die Produktion eines Kilogramm Rindfleischs verbraucht über 10’000 Liter Wasser.
Damit ist die Förderung der pflanzenbasierten Ernährung ein Schlüsselelement, um die Emissionen der wichtigsten und potentesten Treibhausgase wie Kohlenstoffdioxid (CO2), Methan (CH4) und Lachgas (N2O) nachhaltig zu senken.
Der Gemeinderat wird damit beauftragt, Möglichkeiten zu prüfen, wie die pflanzliche Ernährung in Nidau effektiv gefördert werden kann. Konkrete und mögliche Ansatzpunkte dazu sind auf Seite zwei dieses Vorstosses aufgelistet
Begründung
Hitzewelle und Wasserknappheit – was hat unsere Ernährung damit zu tun?
Die europaweite Hitzewelle macht auch vor der Schweiz keinen Halt. Im vergangenen Jahr sind die Wasserstände der meisten Flüsse und Seen auf ein überdurchschnittlich tiefes Niveau abgesunken. Mit fortschreitendem Klimawandel wird auch die Schweizer Landwirtschaft vermehrt mit Wasserdefiziten zu kämpfen haben, kommt eine Agroscope-Studie zum Schluss. Die Weltwetterorganisation (WMO) prognostiziert, dass solche Hitzewellen im Sommer künftig zur Normalität werden.
Gemäss dem aktuellen Agrarbericht kann der Wasserfussabdruck der Schweiz verkleinert werden, indem unter anderem die Ernährung angepasst wird: Weniger Fleisch und mehr pflanzliche Nahrungsmittel sollen konsumiert werden. In der Schweiz geht der grösste Teil des landwirtschaftlichen Wasserfussabdrucks mit 28% auf den Konsum von Fleisch zurück, während der Milchkonsum 10% ausmacht. Denn Kühe sind durstig: Sie trinken bis zu 200 Liter Wasser pro Tag – dazu kommt noch das Futter. Internationalen Studien zufolge werden für die Herstellung eines Liters Milch 1’000 Liter Wasser benötigt. Für die Produktion von einem Kilogramm Fleisch ist sieben mal mehr Wasser nötig als für die Produktion von einem Kilogramm Getreide. Die pflanzliche Ernährung ist somit am umweltschonendsten: Sie verbraucht pro Kopf und Tag 179 Liter Wasser, während die europäische Durchschnittsernährung knapp 300 Liter verbraucht.
Die Ernährungsumstellung hin zur pflanzlichen Ernährungsweise ist der wichtigste Faktor zur Bekämpfung des Klimawandels, da Fleisch und Milchprodukte von allen Lebensmitteln die Umwelt am stärksten belasten.
Immer mehr vegan lebende Menschen in der Schweiz
Der Aufwärtstrend der letzten Jahre setzt sich fort, wie der erste umfangreiche Report von Swissveg zum Weltvegantag am 1. November 2022 zeigt: In der Schweiz ernähren sich 2022 gemäss neuen Umfrageergebnissen über 300'000 Jugendliche und Erwachsene vegetarisch, rund 42'000 vegan. Insbesondere Fleischalternativen erleben einen grossen Boom.
Frauen ernähren sich eher vegan oder vegetarisch.
Die aktuellen Umfrageergebnisse zeigen einmal mehr deutliche Unterschiede zwischen den Ernährungsgewohnheiten von Frauen und Männern. So leben 2022 gerade mal 3,5% der Männer, jedoch 5,3% der Frauen vegetarisch. Als Veganer bezeichnen sich immer noch nur 0,2% der Männer, wohingegen bereits 1% der Frauen vegan leben. Trotzdem zeichnet sich eine positive Entwicklung ab: Obwohl die Anzahl Veganer konstant geblieben ist, hat sich die Anzahl vegetarisch lebender Männer gegenüber dem Vorjahr deutlich vergrössert.
Jüngere verzichten öfter auf Fleisch
Auch in Bezug auf das Alter bestätigen die Zahlen erneut, dass jüngere Personen eher auf den Konsum tierischer Produkte verzichten. Während 6,5 % der Personen im Alter zwischen 14 und 34 Jahren sich als Vegetarier:innen bezeichnen, sind es ab 55 Jahren nur noch 2,5 %. Vegan ernähren sich 1% der 14- bis 34-Jährigen gegenüber 0,3% der über 55-Jährigen.
Im Folgenden wird aufgezeigt, wie die Stadt Nidau die pflanzliche Ernährung weiter fördern kann:
- Ein stadteigenes Netzwerk gründen, welches einen regelmässigen Austausch von vegan und vegetarisch lebenden Menschen ermöglicht.
- Förderung der pflanzenbasierten Ernährung als attraktiven, umweltbewussten und gesunden Lebensstils.
- Bewusstsein der Nahrungsmittelindustrie in Bezug auf die Wichtigkeit veganen & vegetarischen Produkte steigern.
- Förderung von veganen und vegetarischen Gerichten an Anlässen und Events.
- Verbesserung der Rahmenbedingungen für die vegane und vegetarische Ernährung in den städtischen Institutionen.
- Durch faktenbasierte Informationen das Bewusstsein für die Nachteile tierischer Produkte schaffen.
Antwort des Gemeinderates
Wie der Postulant richtig feststellt, belastet ein hoher Fleischkonsum die Umwelt mehr als fleischloser Konsum. Intensive Tierhaltungen benötigen global gesehen grosse Mengen an Weide- und Ackerflächen, welche dann für die ertragreichere pflanzliche Nahrungsmittelproduktion für den Menschen nicht mehr zur Verfügung stehen. Damit wird die Sicherung der weltweiten Nahrungsmittelproduktion wesentlich belastet. Zudem stellt die intensive Tierhaltung eine bedeutende Quelle von Treibhausgasemissionen dar und trägt wesentlich zum Klimawandel bei.
Der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch von Fleisch beträgt in der Schweiz rund 52 Kilogramm pro Person und liegt dreimal höher, als die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung (SGE) empfiehlt. Gemäss einer aktuellen und umfangreichen Studie[1], lebten im Jahr 2022 rund 42’000 vegan lebende Jugendliche und Erwachsene in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein, was 0,6% der Bevölkerung entspricht. Veganismus ist bei Frauen immer noch weiterverbreitet, knapp 1% der Frauen bezeichnen sich als Veganerinnen, während sich nur 0,2% der Männer vegan ernähren. Unter den 14- bis 34-Jährigen lebt 1% vegan, unter den Über-55-Jährigen nur 0,3%.
Die Stadt Nidau hat sich in Vergangenheit mit der Durchführung des Vegi-Tags für die vegetarische Ernährung eingesetzt. Der Tag wurde über mehrere Jahre mit den in Nidau ansässigen Restaurants und Schulen koordiniert. Das Projekt wurde in der Schweiz durch den Verein Swissveg koordiniert, der Verein hat das Projekt nun beendet.
Der Gemeinderat nimmt wie folgt zu den genannten Punkten Stellung:
- Ein stadteigenes Netzwerk gründen, welches einen regelmässigen Austausch von vegan und vegetarisch lebenden Menschen ermöglicht.
Der Gemeinderat erachtet die Gründung eines Netzwerks für den Austausch vegan lebender Menschen nicht als Aufgabe der Stadt Nidau. Eine solche Initiative sollte durch die jeweiligen Personengruppen erfolgen und kann allenfalls durch die Stadt Nidau finanziell unterstützt werden.
- Förderung der pflanzenbasierten Ernährung als attraktiven, umweltbewussten und gesunden Lebensstils.
- Durch faktenbasierte Informationen das Bewusstsein für die Nachteile tierischer Produkte schaffen.
Eine vegane Ernährung ist nicht für alle geeignet. Die vegane Ernährung wird für Kinder, schwangere und stillende Frauen sowie ältere Menschen nicht empfohlen. Diese Bevölkerungsgruppen haben spezielle Ernährungsbedürfnisse. Das Risiko für eine ungenügende Versorgung mit einzelnen Nährstoffen ist besonders gross. Wer sich in diesen Lebensphasen dennoch vegan ernähren möchte, sollte die Nährstoffversorgung überprüfen und sich von einem Arzt oder einer Ärztin beraten lassen. Die Betreuung durch eine qualifizierte Ernährungsfachperson wird empfohlen.[2] Ausgewogene Ernährung ist ein wichtiger Faktor für einen gesunden Lebensstil. In der Schweiz schafft das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) mit der Schweizer Ernährungsstrategie Voraussetzungen, um die Wahl gesunder Lebensmittel zu erleichtern. Die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung (SGE) bietet Informationen zur gesunden Ernährung für die breite Öffentlichkeit, Gesundheitsfachkräfte, Lehrerinnen und Lehrer sowie andere Interessierte. Dies kann in Form von Broschüren, Online-Ressourcen, Schulungen und Veranstaltungen geschehen. Die SGE ist eine unabhängige Organisation in der Schweiz, die sich der Förderung einer gesunden Ernährung und einer ausgewogenen Lebensweise widmet. Der Gemeinderat erachtet die Ernährung als sehr individuelle und persönliche Angelegenheit und erachtet die bestehenden Informations- und Aufklärungsangebote als ausreichend.
- Bewusstsein der Nahrungsmittelindustrie in Bezug auf die Wichtigkeit veganen & vegetarischen Produkte steigern.
Das BLV hat für den Zeitraum von 2017 - 2024 eine Ernährungsstrategie erarbeitet. Die Vision der Schweizer Ernährungsstrategie ist, dass sich alle Menschen für eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung entscheiden können. Sie sollen über Rahmenbedingungen verfügen, die es ihnen ermöglichen, in eigener Verantwortung einen gesunden Lebensstil zu pflegen – unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem sozio-ökonomischen Status oder ihrem Alter. Dabei ist ein Ziel, dass noch mehr Hersteller und Anbieter von Lebensmitteln und Mahlzeiten einen freiwilligen Beitrag zu einer gesunden Ernährung leisten. Das BLV koordiniert die Informations- und Austauschplattformen im Bereich Ernährung und fördert die Vernetzung zwischen NGOs, Wirtschaft, Forschung, Kantonen und Bund. Auch hier sieht die Stadt Nidau keinen weiteren Handlungsbedarf bzw. stellt fest, dass auf nationaler Ebene Bestrebungen in diese Richtung gehen[3].
- Förderung von veganen und vegetarischen Gerichten an Anlässen und Events.
Wer auf dem Gebiet der Stadt Nidau eine Veranstaltung durchführen möchte, braucht dafür eine Bewilligung. Die Stadt Nidau setzt sich dabei im Rahmen ihrer Möglichkeiten für nachhaltige Veranstaltungen ein, beispielsweise in Bezug auf Abfall und Mobilität. Um das Anliegen des Vorstosses aufzunehmen, kann die Stadt Nidau zusätzlich Veranstalter verstärkt auf vegetarische und vegane Angebote sensibilisieren. In Bezug auf Food Trucks, können künftig Food Trucks mit einem vegetarischen oder veganen Angebot bevorzugt werden, wenn die Gesuche das vorhandene Standortangebot übersteigen.
- Verbesserung der Rahmenbedingungen für die vegane und vegetarische Ernährung in den städtischen Institutionen.
In den Tagesschulen und der städtischen Kita werden die Mittagsmalzeiten grösstenteils durch Mitarbeitende der Stadt Nidau und zum Teil durch Catering zubereitet. Schon bisher wird teilweise vegetarisch gekocht. Die Abteilung BKS prüft zurzeit wie das Aufbereiten der Mittagessen in Zukunft erfolgen wird und wird die Erweiterung einer vegetarischen Ernährung prüfen.
Stadtratsbeschluss
Annahme und gleichzeitige Abschreibung mit 24 Ja / 3 Nein.
Vorstoss im Original
Typ | Titel | Bearbeitet |
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Postulat Ernaehrung der Zukunft | 17.03.2023 |